Sie sind Koordinatoren, Kommunikatoren, Problemlöser und (bestenfalls) interkulturell kompetent: International Manager. Immer häufiger werden grenzübergreifende Aufgaben international agierender Unternehmen an sie übertragen, um die sich erhöhende Führungskomplexität zu bewältigen.

Welchen Aufgaben muss sich ein internationaler Manager stellen? Welche Anforderungen muss er erfüllen und welchen Erwartungen steht er gegenüber?

Vorrangig werden International Manager aufgrund Ihrer fachlichen Qualifikationen ausgewählt. Ihre Aufgaben erfüllen Sie mit umfangreichem Fachwissen, das notwendige kulturelle Hintergrundwissen wird jedoch bei der Stellenbesetzung oftmals außer Acht gelassen. Dabei ist das Verständnis verschiedener kultureller Mentalitäten enorm wichtig, um mit Geschäftspartnern aus dem Ausland erfolgreich zusammenzuarbeiten.
Völlig falsch in diesem Zusammenhang ist die Annahme, dass sich mit guten Englischkenntnissen alle Herausforderungen meistern lassen. Das Beherrschen der jeweiligen Landessprache bei internationalen Aufgaben sollte nicht unterschätzt werden. Gewisse Nuancen der Kommunikation können nur in der Muttersprache vermittelt und verstanden werden. Schon Grundkenntnisse der Landessprache helfen dabei, eine angenehme Atmosphäre zu schaffen und zu zeigen, dass man seinem Gesprächspartner mit Respekt und auf Augenhöhe begegnet.

International Manager sollten neben den notwendigen Sprachkenntnissen auch gut mit Menschen zusammenarbeiten können, die andere kulturelle Hintergründe haben. Dies erfordert viel Fingerspitzengefühl und ein hohes Maß an Empathie. Jeder Mensch ist beeinflusst von den vorherrschenden Werten und Anschauungen seines eigenen Kulturkreises, auch internationale Manager bilden hier keine Ausnahme. Im geschäftlichen Austausch sollten die eigenen kulturellen Hintergründe keinesfalls auf die Gesprächspartner übertragen werden. Viel wichtiger ist die Betrachtung einer Situation aus der Perspektive des Gegenübers, unabhängig von der eigenen Wahrnehmung und Wertung.

Fallbeispiel

Das nachfolgende Fallbeispiel zeigt Ihnen, welche Fehler ein internationaler Manager vermeiden kann, wenn er die Mentalität und Kultur seiner Verhandlungspartner kennt.

Thomas L. ist International Manager und führt die Kooperationsverhandlungen eines deutschen Anlagenbauers mit einem Unternehmen aus Russland.
In einem ersten Gespräch erläutert er den russischen Kollegen die bevorstehenden Abläufe, nennt Meilensteine und definiert Prozesse. Da die russischen Kollegen nicht widersprechen, geht er davon aus, dass beide Seiten übereinstimmen.
Auf Nachfrage erfährt er einige Wochen später, dass der Kooperationspartner die gesetzten Schritte und Prozesse nicht oder nicht wie scheinbar vereinbart ausgeführt hat. Die russischen Kollegen begründen dies mit unerwartet aufgetretenen Umständen. Thomas L. ist enttäuscht und fragt sich, ob das Verhalten auf Unzuverlässigkeit zurückzuführen ist. Mit dem notwendigen Wissen über die russische Mentalität hätte Thomas L. diese Situation vermeiden können.
Der fehlende Widerspruch der russischen Kollegen bedeutet nämlich nur, dass für sie noch nichts entschieden ist. Auch die sehr prozessorientierte Ausführung der Erläuterungen entspricht nicht der eher personenorientierten russischen Mentalität. Auch hätte Thomas L. mit dem notwendigem kulturellen Wissen nicht fälschlicherweise angenommen, dass die Kooperationspartner ihn von sich aus über Verzögerungen informieren. Das Verschweigen oder Beschönigen von negativen Ereignissen gehört zur ausgeprägten Kultur der Gesichtswahrung in Russland und vielen anderen mittel- sowie ostasiatischen Ländern, um schmerzhafte Konfrontationen für beide Seiten zu vermeiden. Außerdem hat Thomas L. nicht bedacht, dass er in den Prozess auch die Zeit für den Beziehungsaufbau und die Pflege der Geschäftsbeziehung einplanen muss.

Mit der richtigen Vorbereitung auf die kulturellen Eigenheiten der russischen Verhandlungspartner hätte Thomas L. die unangenehme Situation vermeiden können.

Wie steht es um Ihre interkulturelle Kompetenz?

Stellen Sie Ihre eigene interkulturelle Kompetenz in unserem Selbsttest auf die Probe. Unser Test ermittelt keinen Punktwert auf einer Skala, sondern soll sie vielmehr für die verschiedenen Dimensionen interkultureller Kompetenz sensibilisieren.

Sachkompetenz

Wie gut kennen Sie Ihre eigene Kultur? Sind Ihnen die geltenden Werte und Normen bewusst? Wie gut kennen Sie die Kultur in Ihrem Zielland? Welche Werte und Normen gelten dort? Welchen geschichtlichen Hintergrund hat das Zielland? Kennen Sie die Besonderheiten des Ziellandes?
Stellen Sie die wichtigsten Geschäftsmerkmale Ihres Heimatlandes auf und sortieren Sie die Merkmale ihrer Wichtigkeit nach von 1 bis 10. Prüfen Sie, ob die Merkmale auch im Zielland gültig sind und welchen Zahlenwert diese dort einnehmen würden.

Sozialkompetenz

Wie gehen Sie mit Stress um? Könnten Sie Konflikte im Zielland gemäß den dortigen kulturellen Erwartungen lösen? Mögen Sie das Zielland und dessen Bewohner oder sind Sie negativ eingestellt?

Selbstkompetenz

Kennen Sie die Paradigmen, die Ihre Weltsicht bestimmen? Welche Paradigmen sind kulturell, welche sind subkulturell bestimmt? Inwiefern beeinflussen die Paradigmen Ihr Selbstverständnis?

Handlungskompetenz

Betrachten Sie Ihre eigene Kultur distanziert und versuchen Sie, diese zu analysieren. Können Sie eine unabhängige Perspektive einnehmen? Welche Ergebnisse liefert Ihnen eine solche Analyse für das Zielland? Helfen Ihnen die Ergebnisse dabei, die Begegnung mit der Kultur im Zielland bewusst zu gestalten?

Zusammenfassend lässt sich festhalten, dass jedes Land wirtschaftliche, soziale und kulturelle Besonderheiten aufweist. Neben Sprachkenntnissen ist die Beachtung dieser Besonderheiten für jeden internationalen Manager sehr wichtig, um erfolgreich mit Geschäftspartnern im Ausland zusammenzuarbeiten. Wenn Sie die Aspekte beachten, die wir in unserem Blogbeitrag ansprechen, wird sich dies in Ihrem Arbeitsalltag als internationaler Manager bezahlt machen. Wir wünschen Ihnen viel Erfolg!

Die vollständige Artikelreihe „Die Rollen eines internationalen Managers“ von Sergey Frank ist online in der Neuen Zürcher Zeitung erschienen und kann HIER abgerufen werden.

Außerdem präsentierte Personalberater und Bestsellerautor Sergey Frank bereits in einer HANDELSBLATT-KOLUMNE, wie sich Unternehmen am besten im Ausland verhalten. 


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